So manches Segelteam wird den Edersee so wie wir erstmal auf einer Karte suchen müssen. Dabei ist der 1914 entstandene See 35 Kilometer nordwestlich von Kassel einer der größten Stauseen Deutschlands. Und seitdem dort aus wasserstandstechnischen Gründen schon im Juni die Internationale Deutsche Meisterschaft der H-Boote stattfand, übrigens bereits zum zweiten Mal, gibt es sogar eine zum Mitschunkeln komponierte Hymne dieser Bootsklasse über den „nordhessischen Gardasee“ und seine Tücken.
Eingespielt hat den Song der musizierende Hamburger Segelmacher Frank Schönfeldt, der schon Meister in vielen Bootsklassen war, mit seiner Band „Die Schwimmwesten“. Der Refrain „Ich wäre gern König vom Edersee, weil nur ich den See versteh“, machte die große erausforderung klar. „Auf den ersten Blick wirkte der See ganz okay, doch dann seh‘ ich die ganzen Böenfelder…“ heißt es weiter, es folgen Liedzeilen wie „Kein Vorsprung ist hier groß genug“, „Segeln wird schwierig, das seh ich schon, aber die Party wird toll, mein Glas ist dauernd voll“, „Ich fahr lässig um das Flautenloch“, „Ich bin dann König vom Edersee, weil ich bei all den andern die Fehler seh“.
Schönfeldt, der auch schon deutscher H-Boot-Meister war, trat jetzt selbst gar nicht an, doch hat er den See sehr treffend beschrieben. Dabei war uns auch schon klar, dass neben Können sehr viel Glück gefragt sein würde. Den Ausschlag, überhaupt anzutreten, gaben die Aussicht auf die als sehr engagiert bekannten Gastgeber vom Edertaler Segel Verein wie für uns drei segelnden Journalisten eine arbeits- und politikfreie Woche in netter Gemeinschaft samt dem Kennenlernen eines zwar schwierigen Revieres, dafür aber eines in wunderschöner Landschaft. Wann segelt man schonmal eine Meisterschaft unter einer mittelalterlichen Burg?
Schon das Practice Race vorab, an dem nur ein Dutzend der 35 gemeldeten Boote aus drei Nationen teilnahm, machte uns klar, wie unberechenbar es werden würde. Ein niederländisches Team führte an der ersten Tonne, um sich nach der zweiten Kreuz am Ende wiederzufinden und dann frustriert aufzugeben.
Als es dann nach Vermessung und Eröffnungszeremonie endlich losgehen sollte, war der See spiegelglatt. Gab es dann mal kurz etwas Wind, kam der aus allen möglichen Richtungen. Am zweiten Tag sah es nicht besser aus. Zwar hatte der Wettfahrtleiter versprochen, kein „Schweinerennen“ abzuhalten, wie Segler unfaires Flautengedümpel nennen, aber die einzige Wettfaht nach zwei Tagen war dann doch genau das. Das lange führende Team blieb in einem Flautenloch hängen, bis zehn andere Boote aufgeschlossen hatten. Dazu gehörten auch wir, doch ein weiterer unerwarteter kleiner Windstrich machte uns wieder zu Verlierern. So wurden wir nur zehnte, der bisher Führende neunter. Da wegen der geringen Breite des Sees die 35 Boote in vier Gruppen aufgeteilt und jeweils nur zwei davon gleichzeitig starteten, entsprach ein zehnter Platz dann auch nur einem 19. oder 20. Rang.
Am dritten und letzten regulär geplanten Tag ging es dann aber zur Sache. Meist wehte starker Wind, doch gab es auch hier plötzliche Löcher. In einem solchen blieben wir einmal am falschen Ende der Startlinie mit großem Abstand zu dieser hängen, was uns in einer Drohnenaufnahme ahnungslose Anfänger aussehen ließ. Trotzdem hatten wir am letzten Tag auch helle Momente, so konnten wir etwa das letzte Rennen als zweite beenden, aber es reichte für einen guten Gesamtplatz eben nicht aus.
Insgesamt sind wir (Kyaw Soe an der Kreuz in der Mitte und raumschots auf dem Vordeck und Kai Müller an der Kreuz vorn und raumschots am Spi und ich hinten an der Pinne) 16. geworden. Das war in etwa so wie im Vorjahr bei der Meisterschaft auf dem Müggelsee, als wir 13. von 31 wurden. Wir sind eben nicht Könige vom Edersee, weil ich unsere vielen Fehler seh…. Sven Hansen