vielen Dank für eure Anteilnahme und das Daumendrücken für uns beim Vegvisir-Race. Es hat geholfen. Denn vor allem sind wir unbeschadet durchgekommen, was nicht selbstverständlich war. Ich finde die Bezeichnung des Rennens als „Ironman des Segelns“ zwar Quatsch, aber von den 53 mit zwei Mann gesegelten Booten hatten jetzt 22 aufgegeben. Erstaunlicherweise von den Einhandseglern niemand, aber da waren die Bedingungen auch nicht so harsch, weil sie 24 Stunden nach uns gestartet sind und einen wesentlich kürzeren Kurs hatten.
Einen kleinen Schaden gab es auch bei uns: Mein Handy hat zuviel Regen (!) abbekommen und seinen Geist aufgegeben. Seitdem war ich offline.
Die Herausforderung bestand im physischen und mentalen Durchhalten (wir haben 32 Stunden und 14 Minuten gebraucht), in der nächtlichen Navigation durch flache Gewässer entlang unbeleuchteter Tonnen und Fischzuchten und im Wind mit bis zu 8 Windstärken.
Ein Carbonracer hat nachts vor Agersö den Kiel verloren und ist sofort gekentert. Die Mannschaft konnte mit dem Rettungshubschrauber geborgen werden. Bei einem anderen Boot ging weit in Führung liegend der Skipper beim Steuermannswechsel über Bord. Er wurde nicht wiedergefunden, konnte aber glücklicherweise an Land schwimmen! Einen guten Überblick über die Dramatik gibt Yacht.de:
Hier beschreibt der Skipper den Kielverlust:
Das Rennen fing bei Sonne und wenig Wind im Guldborgsund mit einem Halbwindstart an. Wir sind gut in Luv des Feldes weggekommen, die modernen Boote zogen wie erwartet mit ihren Code Zeros in Lee unterraus, wobei aber zwei gleich auf Grund liefen. Wir konnten uns in Luv bei freiem Wind behaupten und sind noch vor der Flaute nach ca. 2 Stunden aus dem Sund gekommen, andere haben bis zu 4 Stunden gebraucht. Danach ging es um zwei Inseln im Smalands-Fahrwasser und dann gab es nachts bei auffrischendem Wind einen wilden Ritt unter Spinnaker gen Nordosten, bis das Boot immer öfter aus dem Ruder zu laufen drohte. Schlafen war nicht möglich. Vor Agersö tauchte gegen 4 Uhr der Rettungshubschrauber auf, das havarierte Boot lag auf einem Flach in Legerwall, wo wir nicht hinkamen.
Auf dem Weg nach Langeland konnte ich morgens zwei Stunden schlafen. Der Wind frischte weiter auf und es ging dann bei bis zu 7 Windstärken ruppig gegenan. Vom Regattamodus mussen wir langsam in den Überlebensmodus umschalten, es ging nur noch ums Durch- und Aushalten.
In Rudköbing ging es bei heftigem Regen unter der Brücke durch weiter gegenan Richtung Marstall. Nach der Marstall Rinne ging es auf die offene See, der Wind frischte auf, die Wellen wurden höher, aber es ging raumschots im Surf Richtung Langeland. Ab hier waren wir allein, weder voraus noch achterraus war Konkurrenz zu sehen. Wir haben nichts mehr riskieren wollen, der Spi blieb unter. Im Großen Belt kamen dann nachmittags heftige Regenschauer mit bis zu acht Windstärken und einem doppelten Regenbogen. Ich habe mich hinten im Cockpit eingekeilt und dann die Kiste im Surf mit der Genua auf bis zu 10 Knoten bekommen, Dirk konnte zwei Stunden schlafen. Danach ging es im Dunkeln bei abnehmendem Wind wieder ins Smalands-Fahrwasser mit verzweifelter Suche nach Tonnen und Fischzuchten, von denen wir uns freihalten mussten. Erst vor dem Guldborgsund tauchten wieder andere Boote auf aus der Gruppe der Mittleren oder großen Größe. Nach der Brücke mussten wir nach Mitternacht noch zwei Stunden das enge Fahrwasser bis in Ziel in Nyköbing hochkreuzen.
Im Ergebnis sind wir in unserer Gruppe der 10 kleinsten Boote („Mini“) vierte geworden, zwei gaben auf. Gewonnen ins unserer Gruppe und insgesamt haben zwei dänische Jungs (28 und 23) mit einem quasi offenen, 6,60 Meter langen Kielboot mit Trapez. Sie waren zwei Stunden und 14 Minuten vor uns im Ziel. Sie haben nicht geschlafen, aber später auch Trapez und Spinnaker nicht mehr benutzt. Zweiter wurde ein Mini650 Offshore-Renner, dritter eine Seascape 24, genau wie auf dem Platz hinter uns (mit dem Chefredakteur der Zeitschrift Yacht als Skipper). Dass wir uns mitten unter den gehypten schnellen Seascapes behaupten konnten ist erstaunlich. Allerdings sind die den Kurs auch genau andersrum gesegelt, was sich als klarer Nachteil herausstellte. Dirks Navigation war hier eindeutig besser.
Heute morgen um 2 Uhr sind wir nach einer weiteren 20-Stunden Etappe wieder in Eckernförde angekommen. Mit An- und Abreise auf eigenem Kiel haben wir in 7 Tagen mehr als 400 Seemeilen zurückgelegt und dabei nur zwei Nächte richtig geschlafen. Deshalb geh ich jetzt auch ins Bett.
Beste Grüße,
Sven